Sonntag, 6. März 2011

Griechenland

Es war in einer griechischen Bar. Jenseits des Mainstream-Tourismus. Ich war mit einem griechischen Freund unterwegs, der in Deutschland studierte.

Zwei junge Bauern aus den Bergen betraten den Laden in ihrer schönsten Festtags-Tracht. Sie orderten eine Flasche Whisky und Gläser. Wir kamen ins Gespräch und erfuhren, dass diese stolzen Burschen einmal im Jahr herunter kamen, um sich mit gutem Whisky die Kante zu geben. Sie waren bis an die Zähne bewaffnet und sie erzählten uns von dem Panzer, den sie in einer Höhle versteckt hatten. „Falls die Türken wieder kommen.“

Bei einigen Unternehmungen begleitete uns der Vater meines Freundes. Er war Arzt und hatte seine Praxis in Deutschland aufgegeben, um eine Stellung in einer Kurklinik anzunehmen. Mit dem Bau dieser Klinik hatte man eben erst begonnen. Mein Freund erklärte mir, dass die Arbeitslosenquote in dieser Gegend zumeist bei über 50% lag. Die Regierung schickte eine Baufirma. Das hieß, dass ein paar ausgebildete Fachkräfte kamen. Mehr als hundert Hilfskräfte wurden vor Ort angeheuert. Und weil diese Menschen nach der Fertigstellung der Klinik wieder entlassen wurden, ließ man sich Zeit.

Dass die Uhren in Griechenland ganz anders tickten, hatte ich schon bei meiner ersten Reise erfahren. Damals besuchte ich mit Freunden eine Insel, die kurz vor ihrer Entdeckung durch den Massentourismus stand. Diese Insel stand im Ruf, das größte offene Irrenhaus Europas zu sein. Zwielichtige Gestalten aus allen Teilen der Welt lebten dort. Wir brauchten nicht lange, um heraus zu finden, dass mehrere Australier, denen wir begegneten, in Wirklichkeit Engländer waren, die von Interpol gesucht wurden. Wahrscheinlich muss man einiges leisten, um auf einen Interpol-Steckbrief zu kommen, aber auf der Straße stellt man keine Fragen.

Ich habe in Griechenland Abenteuerurlaub gemacht und mich gebildet. Ich habe die großen Stätten der Antike und des Mittelalters gesehen, die gewaltigen Eichenwälder in Richtung Arkadien durchwandert und ich war mit dem Motorrad auf Straßen unterwegs, auf denen mehr Geröll lag als in ausgetrockneten Flussbetten. Was ich dort kennen gelernt habe, war kein anderes Land. Es war eine andere Welt. Nun versucht man dort, die Uhren mit Gewalt dem Rhythmus unserer Uhren anzupassen. Ich fürchte, diese Welt wird zerbrechen. Und unsere Welt wird in jeder Hinsicht ärmer werden.



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1 Kommentar:

  1. Endlich jemand, der das Übel, was einem täglich begegnet, erkennt.

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