Sonntag, 6. März 2011

Evel Knievel

Die späten 80er Jahre. Meine Freundin schoss auf ihrer kleinen Enduro durch die schmalen Straßen ihres Heimatdorfes. Wir hatten nach den Pferden gesehen und nun wollte sie ein kleines Rennen. Eine Enduro ist wendiger, als ein wild umgebauter Chopper, aber ich ließ mich nicht abhängen. Da steuerte sie auf die kleine Brücke zu, vor der die Straße einen Absatz, einer Rampe nicht unähnlich, hatte. Normale Menschen bremsten an dieser Stelle auf Schrittgeschwindigkeit herunter und viele Einheimische nahmen einen Umweg zur nächsten Brücke in Kauf, um ihre Fahrzeuge zu schonen. Mit einer Enduro ließ sich die Brücke der gesamten Länge nach überspringen.

Ich habe nie behauptet, besonders normal zu sein und ich hatte einige PS mehr zur Verfügung. Erwähnte ich schon, dass ich mit verkürzten Federn und einer ungepolsterten Sitzbank fuhr, um der Straße näher zu sein? Jedenfalls zeigte mir der nächste Blick nach untern, dass ich mich erschreckend weit von der Straße entfernt hatte. Man hätte ein paar Kisten Bier auf der Brücke stapeln sollen, um es noch spektakulärer aussehen zu lassen.

Die Landung war hart. Meine Wirbelsäule stauchte sich zusammen, wie die Gabel. Beides hielt und ich kam souverän neben meiner Freundin zum Stehen. Aus ihrem Blick sprach unverhohlene Bewunderung, als sie sagte:

„Ich hätte geschworen, dass du hier bremst.“

Ich war Evel Knievel. Zumindest für einen Moment. Anschließend litt ich für Wochen unter höllischen Rückenschmerzen. Aber ich wäre lieber gestorben, als mir das anmerken zu lassen.



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